Charles Oberthür (1819-1895)
Le Désir Op. 65
Charles (ursprünglich Karl) Oberthür (1819-1895) war einer der bekanntesten Harfenisten des 19. Jahrhunderts und ein sehr produktiver Komponist für dieses Instrument. Er wurde in München geboren und bevor er sich 1844 in London niederließ, hatte er Anstellungen in Zürich und Wiesbaden. In England stand er in den folgenden 50 Jahren als Harfenist und Lehrer in der ersten Reihe. Er unterrichtete an den Konservatorien in Paris und Brüssel, reiste ausgiebig und besuchte zahlreiche Adelshöfe und Festivals. Zu seinen privaten Schülerinnen gehörten Prinzessin Stephanie (Ehefrau von Kronprinz Rudolph von Österreich) und die Herzogin von Wellington. 1884 reiste er in die USA.
Zu Oberthürs Arbeiten gehören Opern, Orchester- und Chorwerke und mehr als 300 Werke für die Harfe, gelegentlich auch für andere Instrumente. Le Désir ist eines aus einem Satz von sechs Nocturnes; sie wurden geschrieben, um die zweite Ehe von Adolf Herzog von Nassau im April 1851 zu feiern, der offenbar immer noch Oberthürs Arbeitgeber in Wiesbaden war. Sie wurden im folgenden Jahr unter dem gemeinsamen Titel Cadeaux de noces von Wessel und Co. in London veröffentlicht und erschienen gleichzeitig als Harfen- und Klavierduette und in Versionen für Geige, Cello, Flöte, Klarinette und Concertina mit Harfen- oder Klavierbegleitung. Die Klarinettenversion ist dem großen englischen Klarinettisten Henry Lazarus (1815-1895) gewidmet, mit dem Oberthür bei einer Reihe von Gelegenheiten öffentlich auftrat, und es kann sein, dass es sich dabei um die Originalform des Werks handelt.
In dieser Ausgabe des vierten Nocturne ist der Klavier/Harfenteil eine genaue Reproduktion, wie er in der Partitur von Wessel steht (die in allen oben genannten Versionen gleich ist), während der Soloteil dem Klarinettenteil entspricht; er wurde hier im Urtext wiedergegeben.
Oliver Davies
Le Désir has been recorded by Colin Bradbury and Oliver Davies on the CD The Art of the Clarinettist (CC0008).